Heljar frá Stóra-Hofi: Liebe auf den zweiten Blick – die ganze Geschichte
Viele von euch kennen Heljar nur als Turnierpferd und deswegen erzähle ich gerne unsere Geschichte von Anfang an. Nachdem mein guter Blivar von Birkenlund nach 10 aktiven und erfolgreichen Jahren im Turniersport 2008 in die wohlverdiente „Rente“ durfte und ab diesem Zeitpunkt Schülern und Praktikanten als Lehrmeister diente, war es an der Zeit, sich nach einem Nachwuchspferd umzusehen. Zu diesem Zeitpunkt durfte ich glücklicherweise einige top Pferde von Freunden und Kunden trainieren und vorstellen, sodass die Suche erst einmal nicht drängte.
Heljar begegnete mir bei einem kurzen Island Aufenthalt im Frühjahr 2009. Es war im Nachhinein ein grosses Glück, durch einen Tip von Bekannten von Stora-Hof und Heljar erfahren zu haben. Er beeindruckte als Jungpferd durch spektakulären Trab beim Freilaufen und seine stolze Erscheinung. Doch wie so oft in Island konnte er durch nur kurzes Anreiten und das darauffolgende frühe Vorstellen an der Körung den hohen Anforderungen nicht gerecht werden. So wurde er nur in die zweite Klasse gekört und erwies sich auch sonst als recht eigensinnig und „schwierig“. Offen gesagt hatte ich kein schönes Reitgefühl auf ihm beim ersten Ritt und ausser Tölt in jedem Tempo mit hoch erhobenem Kopf konnte ich kaum eine Gangart wirklich reiten. Er ging mit mir ausreiten, nicht ich mit ihm. So fühlte es sich das damals an.
Liebe auf den ersten Blick war es definitiv nicht und doch faszinierte mich sein Wesen, das ab und zu unter all der Gegenwehr gegenüber dem „Geritten werden“ hervor blitzte. So flog ich nach wenigen Wochen nochmals nach Island, um ihn etwas intensiver reiten zu können und danach stand für mich fest: ich will es versuchen und Heljar sollte bald ins Allgäu umziehen.
Es folgten viele Jahre des Aufbautrainings und des vorsichtigen Herantastens. Vor allem die ersten beiden Jahre waren nicht einfach und er zeigte sich immer wieder als recht unflexibel wenn es um neue Ideen ging. Es schien, als hätte er beschlossen sein Ding durchzuziehen und mich erst einmal etwas zappeln zu lassen. Aber ich hatte ja Zeit und an Geduld fehlte es mir auch nicht. Wir ritten meistens aus und lernten uns mehr und mehr kennen. Eins war klar: er musste von der Sache überzeugt sein, dann gab er alles und noch viel mehr. Doch unter Druck oder Zwang (was ich auch nie als Alternative in Betracht ziehen würde), machte er dicht und versteinerte körperlich und geistig. Also war meine Devise ihn in kleinen und fairen Schritten weiter auszubilden. Eines Tages würde sich die ganze Arbeit auszahlen, das hoffte ich. Da ich meine Pferde nicht über ihre Turniererfolge definiere, schien es zunächst auch als zweitrangig, ob sich all das Training jemals in Noten und Platzierungen bezahlt machen würde. Doch siehe da, die ersten Erfolge stellten sich ein und ein Meilenstein war die Körung 2011 über die magische acht mit der unglaublichen Note 10 für Schritt. Eine 10, das gab es damals für einen Hengst noch nicht.
In unserer ersten F2 qualifizierten wir uns direkt für die Sportklasse A mit 6,5 Punkten und von da an war Heljar in dieser Prüfung etabliert. Es würde zu weit führen, alle Erfolge in nun 9 Jahren Turniersport aufzuzählen, doch soviel sei gesagt: der Durchschnitt aus allen im Worldranking registrierten 38 Vorentscheidungen beträgt sage und schreibe 6,85 Punkte. Die niedrigste Note war 6,4 die Höchste 7,27 Punkte. Heljar ist zweifacher Schweizer Meister im Fünfgangpreis und Mitteleuropäischer Meister 2018 im Fünfgang und der Fünfgang Gesamtwertung. 2019 sind wir für unsere vierte Weltmeisterschaft als Mitglied der Equipe Suisse qualifiziert.
Doch vor allem ist er ein unglaublich toller Partner und Freund, der mir in all den Jahren so viel beigebracht hat und mich immer wieder sehr positiv überrascht. Am liebsten reite ich mit ihm im Gelände und wenn es die Zeit erlaubt, fahre ich mit ihm zu Freunden ins Engadin um dort auf 1800 Meter wunderbare Ausritte in totaler Ruhe und Zweisamkeit zu unternehmen. Heljar ist nicht nur ein Top Athlet, sondern ein fröhlicher, zufriedener und unkomplizierter Kerl geworden und ich bin gespannt, wohin unsere Reise noch geht.